Angst vor dem IE 8?

Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 15 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

IE
Der Internet Explorer der Version 8 steht in den Startlöchern und es wurde schon viel darüber berichtet. Für Microsoft ist es aus meiner Sicht eine sehr starke Veränderung, für Webentwickler ist es ein Fortschritt in jeder Hinsicht. Der IE war in der Vergangenheit nicht gerade der Liebling der Webentwickler. Allerdings sollte man auch nicht verschweigen, dass Microsoft eine ganze Reihe von Möglichkeiten im Web geschaffen hat, die den Internet Explorer zumindest im Bereich von Administration und Business-Anwendungen schon vor AJAX und Web 2.0 zu Möglichkeiten verhalf, die mit anderen Browsern damals nicht denkbar waren.

Und auch beim Internet Explorer 8 führt Microsoft wieder Neuerungen ein, die der Webwelt vorerst in zwei Lager spalten. In diesem Artikel will ich mich daher nicht über Webstandards und Microsoft auslassen, sondern über die neuen Funktionen gegen das Ausspähen von Nutzern.

Den Schwenk von proprietärem Standard, hin zu offenen Webstandards und Vorgaben des W3C sorgen bei einigen Unternehmen schon jetzt für Unbehagen. Noch können Sie sich eine Weile gegen den neuen Browsers wehren, aber ewig werden sie das Lager des IE 6 doch nicht halten können und müssen auch dem Druck der Anwender im Unternehmen nachgeben. Der eingeführte Meta-Tag, der den IE 8 mit der Darstellungsfunktion des IE 7 fahren lässt, wird uns wohl noch geraume Zeit begleiten.



Seit der Beta 2 des IE 8 ist nun aber ein zweiter Punkt im Browser, der nicht nur die Unternehmen für die Verwendung des Browsers intern verärgert, sondern auch für die Funktion vieler Webservices und Websiten kann mit der neuen Funktion InPrivate viel Unbehagen gestreut werden.

InPrivat

In einigen Medien auch als Porno-Modus bekannt, soll die InPrivate-Funktion dem Nutzer mehr Sicherheit geben. Die Privatsphäre des Nutzers wird gewahrt. Wissbegierige Anbieter werden ausgesperrt. Die neue Funktion sammelt eine ganze Reihe von Funktionen, die man auch aus anderen Browsern kennt, die aber im IE 8 gebündelt werden und der Unternehmensführung das Leben sehr erschweren können. Eine einfache Funktion ist dabei beispielsweise, dass man via Klick die Spuren des Surfverhaltens löschen kann. Dies ist aber so nicht immer erwünscht, denn dabei können auch für den Nutzer wichtige Informationen verloren gehen. Im IE 8 öffnet der InPrivate Modus ein neues Fenster und wendet in diesem Browser alle Mechanismen an, die die Privatsphäre schützen. Alle Informationen, die im Vorfeld im „normalen“ Modus gespeichert wurden, bleiben dabei aber erhalten. Alle Daten werden also nur temporär bis zum Ende dieser Sitzung gespeichert. Cookies und Cache-Dateien, Suchanfragen, Formulare und Passwörter werden damit nicht gespeichert, ebenso die Historie der URLs.
about:inprivate

Auswirkungen

Um das Surfverhalten eines Nutzers zu erhalten, nutzen eine ganze Reihe von Firmen die Cookies; bekanntestes Beispiel ist wohl Google, die mit einer vielen Services unter diesem Modus leiden werden. Die Werbung, die Google finanziert und auf den Nutzer abstimmt, wäre dann nicht mehr so lukrativ und Google hat mit Sicherheit einen geringeren Interessenkreis von Werbenden, wenn sie diese Funktion nicht umgehen können.
Wie bei so vielen Sicherheitsthemen sind die Lösungen/Alternativen nicht weit und auch in diesem Bereich gibt es Möglichkeiten, die schon jetzt Anwendung finden – die Adobe Flash Cookies. Diese Form der Cookies lassen sich nicht über die Konfiguration des Browsers auslesen oder löschen. Eine anderen Lösung ist die Zuordnung eines „Fingerprint“, der ebenfalls schon jetzt von diversen Anwendungen genutzt wird. Mit der Veröffentlichung des IE 8 wird dieser Trend sicher enorm an Potenzial gewinnen.

Eine weitere Funktion des IE 8 wird aber sicher viele Anbieter im Web vor eine Veränderung stellen bzw. zum Umdenken bewegen, die Funktion „Blocking“. Auch diese Funktion wird mit dem InPrivate-Modus aktiviert. Sie richtet sich in erster Linie gegen die Angebote Dritter in Websites. Dem Anwender ist aktuell nicht bewusst, wo die Daten herkommen. Im einfachsten Fall geht der Nutzer davon aus, dass die alle Inhalte von der Website kommen, dessen URL in der Adresszeile steht. Vielen Websiten und Services nutzen aber die Möglichkeit Inhalte von anderen Seiten bereit zu stellen, ohne die angesurfte Website zu verlassen. Auf dem Blog von Microsoft zum IE wird dieser Modus diskutiert und im Sinne des Web ist die Zusammenführung von Inhalten legitim. Für die Privatsphäre des Nutzers ist das aber eine Verletzung, so Dean Hachamovitch, Gerneral Manager des IE. Denken wir an Analysetools und Anzeigenvermarktung, dann ist diese Technik nicht weg zu denken. Im Zeitalter des Web 2.0 ist diese Technologie richtig populär geworden. Websites sind keine abgeschlossenen Container, viele Schnittstellen wie z.B. XML machen die Integration externer Services einfach. Auch hier trifft es den Riesen Google besonders, denke ich nur an Google Maps. Viel genutzt um Informationen auf der Website zu bereichern, ist es doch ein Dienst außerhalb der eigentlichen Website. Ebenfalls trifft dieser Modus viele Services des Web 2.0 und Unternehmen, die ihre Website mit externen Daten füttern, um die Inhalte attraktiver zu gestalten.
Diese Funktion erhält seitens Microsoft sogar noch einen Bonus, denn die Suchmuster des Browsers können gesammelt und importiert werden. Damit kann jeder Nutzer des IE seine eigene Liste erstellen und diese zum Download anbieten. Ähnlich kennt man das vom Add on Adblock Plus im Firefox. Dabei handelt es sich aber um eine Erweiterung, was die Nutzerzahl reduziert; der Laie nutzt den Browser in seiner reinsten Form und kennt oft diverse und Möglichkeiten nicht.

Fazit

Microsoft bringt einen neuen Browser und zum ersten mal macht man den Webentwicklern wohl eine Freude damit, dass man offene Standards unterstützt. Im gleichen Atemzug werden aber diverse Entwicklungen erschwert, da Microsoft dem Nutzer mit InPrivate einen neuen Service bietet. Die berechtigte Sorge vieler Nutzer, dass ihre Gewohnheiten und Interessen durch kommerzielle Websites ausgespäht werden, kann damit genommen werden und jeder Nutzer kann selbst entscheiden, was er frei geben will. Ein zweischneidiges Schwert – einerseits genießen Nutzer die zugeschnittenen Angebote oder bessere Suchergebnisse, andererseits wollen sie ihre Privatsphäre behalten. Mit diesem neuen Modus im IE 8 bündelt Microsoft viele bisher verstreute Funktionen und macht die Nutzung einfach, auch für wenige versierte Anwender. In Private sorgt nicht nur dafür, dass Inhalte aus dem WWW lokal gespeichert werden, sondern hält Drittinhalte außen vor. Mit der letzteren Funktion werden sicher viele Anbieter im Web ein Problem haben und Auswirkungen lassen sich heute noch nicht absehen. Wird also der IE 8 nur annähernd so viele Nutzer wie der viel verhasste IE 6 haben, dann setzt Microsoft die Webanbieter unter Zugzwang. Google muss also mehr als eine Alternative im Browsermarkt bieten, denn nur sehr wenige Unternehmen werden von der Hauptstraße Microsoft abbiegen und einen alternativen Browser nutzen. Alternativ können die Anbieter hoffen, dass die Nutzung Angebote Dritter schon so weit fortgeschritten ist, dass die Nutzer diesen Service nicht mehr wissen wollen und diesen Modus im IE 8 keine Chance geben.

Mal wieder zeigt Microsoft, dass sie ein berechtigtes Mitspracherecht auch über und im Web haben. Mit der Veröffentlichung der Beta 2 des IE 8 ist das Interesse nicht nur seitens der Webentwickler da, denn InPrivate betrifft viel größere Kreise und könnte den aktuellen Trend zu Integration immer mehr Mashups ändern.

Von Frank Bültge

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