TriRhena 1000km/13.000hm, 57h Komplett/43h Fahrzeit

Track Übersicht der TriRhena Tour
Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 5 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

Die Eckdaten stehen im Titel und es geht um Rad fahren. Nun aber der Reihe nach ein paar Eindrücke, Fakten und den Aufruf, sich auch diese Tour zu greifen, zu fahren.

TL;DR

Eine der schönsten Radtouren, rennradtauglich, die ich bisher gefahren bin – auf die Liste nehmen, fahren!

Track Übersicht der TriRhena Tour

Der Reihe nach

Nach LEL im letzten Jahr stand fest, ab und an muss ich eine lange Tour fahren, von anderen Köpfen erdacht – einfach nehmen, abfahren. Dabei eignen sich öffentliche Veranstaltungen am besten, da Leute und Rundumpaket das Erlebnis abrunden. Ich mag es, wenn lokale Patrioten einen Track anbieten – ich lasse mich fallen, fahre ihn und staune und empfinde. Der Körper muss mit, aber an sich ist der Kopf der wichtigste Muskel um den eigenen Vorgaben zu folgen.

Von Michel, ein Belgier, den ich bei LEL kennen lernen durfte, erfahre ich von TriRhena 1000. Eine kleine aber feine Veranstaltung. Seine Freunde liebten die Strecke, waren hellauf begeistert. Warum also nicht, die Anmeldung war im letzten Jahr schnell erledigt und die Vorfreude war gesetzt. 

Nach dem Urlaub mit der Familie im Süden Frankreichs konnte es, im Grunde als Abschluss des Urlaubs, über die Route gehen. Der Start war schnell gefunden, Informationen gab es im Vorfeld ausreichend und das Rad war bereits fertig im Auto abgestellt. Also alles gut, dem Track folgen und Spaß haben.

Die ersten Gespräche gab es dann schon am Abend vor dem Start, der morgens um 7 Uhr sein sollte. Der Radclub um das Event hat ein eigenes Gebäude, in dem wir als Gäste auch parken, schlafen konnten. So wurde es schwer den Start zu verschlafen.

Ohne Sprachkenntnisse in Frankreich ist man Migrant, keiner will mich verstehen und ich verstehe niemand der anderen Teilnehmer. Also etwas komisch, bis ich doch noch Christoph kennen lerne, der aus Münster kommend, meine Sprache kennt. Trotzdem sind die Leute eher unter sich, einfach weil ich kein Wort verstehe. Das abendliche gemeinsame Essen fällt spartanisch aus, freundlich lächeln und abwarten.

Am nächsten Morgen starten wir mit einem gemeinsamen Frühstück, ab 5 Uhr ist alles vorbereitet. Es gibt alles, was das Herz begehrt; der Magen will um diese Uhrzeit bei mir eh nichts. Aber Kaffee und Süßes gehen immer – so halte ich das dann auch und halte mich am Kaffee fest, da ich wieder kein Wort verstehe. Das Briefing der „Rennleitung“ nutze ich um die Teilnehmer zu sondieren. Ich finde es immer wieder spannend, man kann irgendwie keine Linie erkennen. Bei Kurzstrecken ist das anders, da kann man an hand des Materials, der Kleidung, der Erscheinung mutmaßen – bei Langstrecken Veranstaltungen ist das bunt, einfach keine Möglichkeit Leute einzuschätzen. Wir sind insgesamt 69 Teilnehmer die nach dem Briefing auf die Strecke gehen. Dabei wird in 2 Gruppen gestartet: 7 Uhr und 7:05 Uhr die zweite Gruppe. Gruppen setzen sich nur aus den Startnummern zusammen. Die ersten 25 km wird dann auch gemeinsam in der Gruppe gefahren. Aus der Stadt heraus, im Peloton, bei kurzen Gesprächen, finde ich dann noch drei andere deutsche Teilnehmer, schön – dachte schon, ich bin ganz allein im fremden Land.

Um die Strecke zu absolvieren gibt es Track auf Strava und anderen Plattformen und ebenso ein Roadbook. Ich staune immer wieder, dass Leute absichtlich auf den Track verzichten, keine technische Navigation, nur einen Stapel Papier und Hinweise. Ohne Navigation und Track würde ich vermutlich keine Langstrecken meistern – ich schätze das Abschalten und das Folgen der Linie auf dem kleinen Gerät vor mir, einfach tun, weniger Denken und keine Abhängigkeit zu anderen.

Wie so oft, ich habe mich im Vorfeld kaum mit dem Event auseinander gesetzt, ich will ja auch nur fahren. Daher erfahre ich auf den km dann auch hier und da Tipps und Hinweise. So gibt es Back Drops, wo man seine persönliche Habe an Positionen der Strecke deponieren lassen kann. Ebenso Möglichkeiten der Verpflegung vom Veranstalter sind vorweg schon definiert. Irgendwie ging das an mir vorbei. Die Übersetzungen der Informationen mit Hilfe von Deepl waren wohl doch unzureichend. Egal, ich bin darauf eingestellt und fahre die Strecke inonego. Alle notwendigen Utensilien habe ich bei mir, Rahmen- und Satteltasche sind entsprechend gefüllt.

Das Rad an einem Kontrollpunkt
Kontrollpunkte weißt man per Foto nach

Nach den genannten 25 km Einreiten löst sich das Peloton schnell auf, nur noch sehr kleine Gruppen sind unterwegs und die Hatz zum Ziel wird sehr unterschiedlich gefahren. Ich fahre anfangs in kleiner Gruppe, die ich aber schnell verliere, da 4 Teilnehmer Druck aufbauen und mir zu schnell unterwegs sind und die anderen Teilnehmer sind hinter mir, denen muss ich zu schnell sein. Ich finde mein Tempo und lege los, die ersten km fallen und so geht es Stück für Stück. Schon jetzt zeichnet sich ab, es wird schwer und schön. Die Strecke ist malerisch, viel zu schauen, viel Natur und gut ausgebaut. Der Track ist gut überlegt, Radwege und Strasse mischen sich, übergeben formlos und lassen das Radeln gefallen. Aber die Höhenmeter sind auch spürbar. Letztlich machen sie aber das Rad fahren für mich aus und so zwinge ich mich ruhig und mit hoher Frequenz (für meine Begriff hoch) zu kurbeln – immer weiter. Das klappt auch, ich folge dem Track und bald habe ich das Ende des ersten Teilstücks erreicht. Nun gilt es im Navi neu zu laden, die ersten 250 km sind dahin. Ich komme am Scheitelpunkt an, nehme mir Zeit und habe Glück, dass nun auch zwei Fahrer des leichteren Parcours zu mir stoßen.

Ich hatte bewusst die Route mit mehr Höhenmeter gewählt, muss aber einen Fehler im Track gehabt haben, so dass ich einen Kontrollpunkt auf den letzten 20 km der 250 km verpasse. Etwas enttäuscht, veranlasst mich das dazu, dass ich auf Light wechsel. Durch die beiden Fahrer erfahre ich, dass hier eine Verpflegungsstation sein sollte. Leider rechnet die Orga noch nicht mir uns, so dass wir warten, bis sie kommen und aufbauen. Scheinbar zu schnell genieße ich die Auszeit, führe Gespräche und lass mir Tipps geben. Ja, ich habe Glück, beide sprechen recht gut Deutsch und es zeigt sich, dass auch Franzosen anderen Sprachen kennen. Durch den netten Kontakt fühle ich mich bestätigt den beiden zu folgen. Sie laden mich ein, da ich den alternativen Track nicht habe, ihnen zu folgen. Da ich gerade auf der schweizer Seite unterwegs bin, nutzt das Roaming Angebot meines Providers auf dem Handy nichts, ich kann keinen Track nachladen und habe auf dem Navi nur die Tracks der Maximalvariante. 

Nach dem nun auch die Verpflegung kommt und wir stärken können, geht es also zu dritt weiter. Unser Dreiergespann hält dann auch lange und bei km 335 habe ich nun auch wieder Netz und kann nachladen. Ich bin nicht mehr im Blindflug unterwegs, ich kann wieder den Zwang des Gruppettos los lassen und meinem Geist folgen. Das Team hält trotzdem weiterhin zusammen und bis zur ersten Geheimkontrolle im Wald, bei km 400 bleiben wir zusammen.

Die erste Nacht

Diese Secret Controll ist toll. Wir drei sind die ersten Ankömmlinge und kommen in den Genuss, dass man sich auf Fahrer freut, sie bewirten will. Eigentlich ist der Hunger nicht da, aber Eierkuchen, Blätterteigtaschen und vieles mehr zwingen mich den Magen zu füllen. Lecker und nett, tolle Kontrolle. Es ist ca. 4 Uhr morgens – seit 21 Stunden bin ich unterwegs und die vielen warmen Getränke geben mir eine innere Ruhe, so dass ich mich etwas lang mache. Nach 45 Minuten bin ich wieder da, so bequem ist eine Holzbank auch nicht und ich will weiter. Meine Mitstreiter haben mich liegen lassen, sind schon los und so rolle ich nun mit Markus aus Österreich weiter, der auch gerade einen Zug sucht, da aus eigener Kraft kein richtiger Antrieb. 

Ab nun mit Markus, was aber nur auf der Waagerechten passt. Berg auf bin ich weg, da ich so langsam nicht fahren kann – ich glaube dann fall ich mit dem Rad um. Macht aber nix, ab und an warte ich auch mal, da ein Gespräch gut tut und ich mir denke, Markus kann bestimmt mal ein Gespräch in deutscher Sprache gebrauchen. Wir sehen uns auch immer wieder, holen uns beim Einkauf ein oder finden uns an Kontrollpunkten.

Am Morgen suche ich eine Bäckerei auf, die mir ein lecker Frühstück macht. Ein Ei – fragt man mich und ich schaue verwundert; zwei geht auch sagt sie. ich nicke und bekomme dann vier Eier, zubereitet als Rührei. Dazu Kakao – wunderbar. Das baut auf. Hier treffe ich einige Fahrer, führe Gespräche. Hier ist ein guter Punkt um abzubrechen, sich die Weiterfahrt zu überlegen und so treffe ich Fahrer, die nicht mehr wollen. Auch ich hadere, komme dann zum Glück aber los und weiter geht es. Ich treffe einige Fahrer, man kommt mir entgegen, alles Leute, die die Nacht in der Waagerechten verbracht haben und daher noch viele km vor sich haben, die schon in meiner Vergangenheit liegen. 

Bis tief in die Nacht gilt es km zu spulen, immer weiter. Dabei gibt es immer wieder tolle Ausblicke, tolle Landschaften. Die Verpflegung ist nicht ganz einfach, da auch die kleinen Ortschaften mittlerweile kaum noch Möglichkeiten der Verpflegung haben, keine kleinen Läden oder ähnliches. Daher gilt es immer die Augen auf zu halten, suchen und zugreifen, wenn die Chance da ist. Im Notfall stecken ein paar Riegel in der Tasche, die aber schon jetzt nicht mehr schmecken wollen.

Stop für Dusche und Telefonat

Der Tag ist sehr warm, so ist eine Vepflegungspunkt bei km 600 großartig. Hier hat es auch eine Dusche, die ich dankend annehme. Mal frischen machen, auch wenn man dann wieder in die alten Sachen muss. Einfach mal den Schweiß abspülen, Mensch sein. ich nutze den Stop zum Essen und die Familie informieren, alles gut. Ein kurzer Anruf kann vieles ändern, schön die Stimmen zu Hause zu hören.

Die zweite Nacht

In der zweiten Nacht will ich mir eine Bleibe suchen, etwas Schlaf sollte dem Körper gut tun. Daher suche ich ab Mitternacht nach etwas geeignetem. Nach einigen Fehlversuchen schnappe ich mir eine Haltestelle. Die Breite der Bank entspricht ungefähr meinem rechten Oberschenkel – muss aber reichen, weil das jetzt in meinem Kopf so erdacht ist. Hier verweile ich dann knapp 2 h, liege im Biwaksack und erhole mich. Nach dem kleinen Fenster will der Körper nicht mehr, zu unbequem und daher geht es weiter.

Mein Hotel, eine Bushaltestelle

Dieser Stop führt dazu, dass ich Markus verliere, der weiter fährt und sich an anderer Stelle was suchen will. Macht aber nichts, denn die Route ist auch in der Nacht sehenswert, wunderbar zu fahren. Vielen Tiere und tolles Wetter sorgen für Freude. Der Tag war sehr warm, > 30°C, so dass die Nachfahrt sehr angenehm ist. Wobei, ich habe alles an, was ich dabei habe. Mein Garmin zeigt 8°C, aber die Übermüdung und schon absolvierten km sorgen für den Bedarf an Wärme- Ich fahre also mit Knielingen, Regenjacke, Weste und Ärmlingen.

Eine Boulangerie in der Nacht verwöhnt mich.

Halb vier Uhr morgens treffe ich auf eine Boulangerie, die offen hat. Ich erfrage ob man was bekommt und kann Kaffee und ein frisches Croissant genießen. Was für ein Luxus, wunderbare Überraschung um diese Zeit. Man ist gesprächig, so weit das Zeigen und Raten zulässt, natürlich verwundert und staunt, ob die Angaben der km wirklich stimmen.

Bis zum Morgen ist alles schön und als ich auf die Idee komme mit was zum Frühstück zu suchen, treffe ich auf die letzte Verpflegungsstation des Veranstalters, ca. 7 Uhr morgens. Ich erfahre das Markus leider aufgeben musste, technische Probleme und dass bereits 2 Fahrer vor mir hier waren.

Frühstück, toll.

Hier stärke ich mich nochmal. Die restlichen 200 km liegen vor mir. Ein langes Tal, mit Blick auf den Berg, den es zu absolvieren gilt. In diesem Tal gönne ich mir eine Reinigung im Bach, Morgentoilette und gefühlte Frische in alten Kleidern.

Bei dieser Gelegenheit holt mich auch Dominik wieder ein, schließt auf. Mit ihm bin ich die ersten km bis zur ersten Geheimkontrolle gefahren. Nun sind wir wieder gleich auf und wollen gemeinsam weiter. Das passt nicht ganz so einfach, Dominik ist breit und muss jeden Winkel in seinem Körper motivieren. Ein Sturz in der Nacht macht ihm auch noch zu schaffen. Aber immer wieder holen wir uns ziehen uns, das tut gut.

Das Tal der letzten 100km
Das Tal der letzten 100 km Anfahrt

So legen wir die restlichen km bis ins Ziel zurück und insbesondere die letzten 100 km sind schmerzhaft. Eigentlich braucht der Körper eine Pause, Sitzfleisch und Füße wissen nicht, wie es noch gehen soll. Aber bei 1000 km Gesamtleistung will ich den Rest nun abspulen, hinter mich bringen. Nun kommen wir erstmalig Muhlhausen wieder nahe, was auch den Reiz der Strecke nimmt. Keine tollen Landschaften und mehr Verkehr – daher vorwärts – „100 km gehen immer“.

Dominik überkommt die Müdigkeit, ich nehme ihn mit, Windschatten hilft auch bei km 950. Glücklich und zufrieden rollen wir dann ein, werden herzlich empfangen und erfahren, dass wir den „dritten Platz“ erfahren haben. Die Freude ist da, trotzdem ist das Begreifen dieses Abenteuers, die Eindrücke erst viel später wirklich bewusst im Geiste. Tage später stecke ich in Erinnerungen und verarbeite die Eindrücke. Was für eine tolle Strecke. hier da wollte ich aufgeben, einkürzen – bin ich froh, dass ich das nicht gemacht habe und die volle Schönheit der Strecke genießen durfte.

Im Ziel

Vielen Dank an eine tolle Strecke, an eine tolle Organisation, an ein tolles Team, was mich begeistert hat. Auch das Team hat wenig Schlaf, hastet von Station zu Station, 4 mal auf der kompletten Strecke. Fahrer kommen in sehr unterschiedlichen Zeitfenstern an den Stationen an, so dass eine Verpflegung viele Stunden aktiv sein muss. Danke für dieses Engagement, diese tolle Route, den Track und Chance es fahren.

Equipment

  • Rennrad mit Auflieger
  • Dynamo und Licht, vorn und hinten per Dynamo
  • Garmin Navigation
  • 10 Riegel, ein Kaffee-Shot
  • Erste Hilfe
  • Werkzeug
  • Ersatz Bowdenzüge und Bremsbeläge
  • 3 Schläuche, 1 Mantel
  • Turnhose, T-Shirt als Alternative nach Regen o.ä.
  • Regenjacke
  • Knielinge
  • Überschuhe
  • Sitzcreme, Zahnbürste und co.
  • Biwaksack
  • Powerbank, Smartphone

Strava Aufzeichnungen

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Von Frank Bültge

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3 Kommentare

  1. Sehr cool (mal wieder)

    Als WordPress-Freak und begeisterter Biker, lese ich immerwieder gern von Dir. Egal zu welchem Thema 😉

    Weiter so. Fühl mich grad sehr inspiriert auch mal so’ne Tour zu wagen!

    Gruss

    Frank

  2. Von TriRhena habe ich zuerst gehört, als Du Dein Zielfoto gepostet hast, und ich war sofort gespannt, mehr zu darüber erfahren. Umso schöner, dass ich nun noch Deinen Text entdeckt habe. Die Strecke sieht ja schon auf der Karte gut aus! Ich glaube, das setze ich auf meine Wunschliste. Danke Dir fürs Berichten 🙂

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